Hinter den Kulissen

Was liest Theresa von Saldern?

Theresa von Saldern ist Volontärin im Lektorat für Sachbuch, Geschichte und Wissenschaft. In unserem Lesefragebogen erzählt sie uns, welche Bücher sie für einen literarischen Trip in die klassische Antike empfiehlt und warum Frankfurt für reisende Lesende einen klaren Vorteil hat.

Was liest du gerade?
Ganz vieles gleichzeitig! Hängen geblieben bin ich gerade bei Joan Didions Essaysammlung, Slouching Towards Bethlehem und Jana Hensels Roman Zonenkinder. Das ist sogar eine ziemliche spannende Kombination: Didion beschäftigt sich mit dem Kalifornien der 60er und 70er, Hensel mit dem wiedervereinigten Berlin der 90er. Beide verbindet die Auseinandersetzung mit einer kollektiven »Go West«–Mentalität, mit einer utopischen Aufbruchsstimmung und dem Danach, dem was es bedeutet, in der Utopie anzukommen. Unbedingte Empfehlung!

Liest du auf Papier oder auf einem E-Reader?
Wenn ich schon den ganzen Tag Prüftitel gelesen habe, höre ich abends am liebsten Podcasts oder Hörbücher. Besonders toll finde ich die Autorenlesungen von Saša Stanišić und Sarah Kuttner – oder Diane Keatons Lesung von Joan Didion! Sobald das wieder möglich ist, gehe ich auch unheimlich gerne zu Lesungen.

Was war das letzte Buch, das du nicht bis zum Ende gelesen hast?
Leider immer viel zu viele. Gerade Lutz Seiler, Stern 111, Leif Randt, Allegro Pastell und Meg Wollitzer, Das weibliche Prinzip.

Was war das letzte Buch, das dich zum Lachen gebracht hat?
Normal People von Sally Rooney hab ich auf einer Zugfahrt gelesen und dabei – zum unbeabsichtigten Unbehagen meiner Mitfahrer – laut in meine Maske geprustet. Übrigens ein echter Standortvorteil von Frankfurt, egal wo man hin will, es dauert 4 Stunden und ist der perfekte Rahmen, einen Roman zu lesen.

Was war das letzte Buch, das dich zum Weinen gebracht hat?
Eigentlich weine ich beim Lesen eher nicht. Aber Arundhati Roy, Der Gott der kleinen Dinge, hat mich sehr berührt. Für mich war das ein Buch, das auf positive Art unangenehm und irgendwie entrückend war.

Was ist deine liebste Romanfigur?
Der kleine Kurt aus Sarah Kuttners Kurt!

Welches Buch empfiehlst du für einen literarischen Trip in die klassische Antike?
Um erstmal mit einem Klischee aufzuräumen: Altphilologie erschöpft sich nicht in alten weißen Männern!
Deshalb unbedingt: Maggie Nelsons Argonauten. In einer Art autobiographischen Essaysammlung (?) beschreibt, analysiert und reflektiert die Autorin ihr Leben in einer Beziehung mit dem/ der genderfluiden Künstler*in Harry, den/ die sie durch eine Geschlechtsumwandlung begleitet. Als Maggie schwanger wird, erlebt sie, wie auch ihr Körper sich radikal verändert. Geschlecht, Mutter- und Schwangerschaft, Konzeptionen von Familie und literarischem Genre sind in diesem Buch permanent im Flux. Wie die Argo, Jasons Schiff, das auf der Reise so oft repariert wurde, dass keines ihrer Teile bleib, nur ihr Name.

Manchmal schämt man sich dafür, ein bestimmtes Buch zu mögen – hast Du eins?
Ne!

Gibt es ein Buch, das alle Welt liebte, nur Du fandest es doof?
Sicher! Aber ich glaube, die fallen mir alle nicht ein.

Welches Buch sollte Deiner Meinung nach jeder gelesen haben?
Margarete Stokowski, Untenrum frei.

Welches Buch hast Du nie gelesen und wünschtest, Du hättest es?
Simone de Beauvoir, Das zweite Geschlecht.

Zu welchem Buch kehrst Du immer wieder zurück?
Gar keins. Da halte ich es wie Sophie, Bücher, die ich mag, gebe ich an Freunde weiter. Den Rest bringe ich in den Verlag – sorry!